Haftungsfalle Werkverträge

Haftungsfalle Werkverträge

Im Blogbeitrag der letzten Woche, „Wissenswertes über den Mindestlohn mit Bezug zu Werkverträgen“, haben wir bereits die Vertragsart des Werkvertrages angeschnitten. In diesem Beitrag gehen wir intensiver auf diese Art der Vertragsgestaltung und des Outsourcings ein.

In der heutigen Wirtschaft sind Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassungen weit verbreitet, da sie den Unternehmen u.a. ermöglichen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, flexibler auf wechselhafte Auftragslagen zu reagieren und den Aufwand der Personalbeschaffung zu reduzieren. Gestaltung und Umsetzung dieses Einsatzes von „Fremdpersonal“ in einzelnen Arbeitsbereichen des Unternehmens genügen aber oft nicht den rechtlichen Vorschriften und bergen etliche Risiken. Um Schwachstellen zu ermitteln und konkrete Handlungsempfehlungen auszusprechen, bietet adverit compliance in diesem Zusammenhang an, die Arbeitsabläufe am jeweiligen Standort und die Unterkünfte des Werkvertragsnehmers regelmäßig zu auditieren.

Bei der Vergabe von Werkverträgen laufen Unternehmen oftmals Gefahr, in den Bereich der illegalen bzw. verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu geraten. Oberflächlich betrachtet gleichen sich beide Vertragsarten durch ihre Einordnung als sogenannte „Fremdarbeit“. Im Detail sind aber wesentliche Unterschiede vorhanden und in der Praxis unbedingt einzuhalten. Die vertragliche Gestaltung ist wichtig, deren Umsetzung noch entscheidender. Das BAG stellte hierzu im Juni 2017 fest, dass, sofern sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung widersprechen, letztere maßgebend ist.

Beim Werkvertrag liegt der Inhalt in der Herbeiführung eines bestimmten Arbeitsergebnisses. Bei der Arbeitnehmerüberlassung bezieht sich der Vertragsinhalt hingegen auf die Überlassung von Arbeitnehmern auf Zeit. In der Regel kommen beim Werkvertrag Fremdunternehmen zum Einsatz, die in eigener Verantwortung und mit eigenen Mitarbeitern das Arbeitsergebnis herstellen und gleichzeitig die Gewährleistung übernehmen. Gegensätzlich trifft den Verleiher bei der Arbeitnehmerüberlassung keine Verantwortung hinsichtlich des Arbeitsergebnisses des Leiharbeitnehmers. Eine Gewährleistung für das Arbeitsergebnis wird ebenfalls nicht übernommen.

Das wesentlichste Abgrenzungsmerkmal zwischen beiden Vertragsarten liegt in der Ausgestaltung der „Eingliederung“ der Arbeiter. Beim Werkvertrag erfolgt keine Eingliederung der Mitarbeiter des Fremdunternehmens in den Arbeitsprozess des Werkvertraggebers. Letzterer hält keinerlei Weisungsrecht. Im Unterschied hierzu werden bei der Arbeitnehmerüberlassung die Leiharbeiter in den Arbeitsprozess des Entleihers eingegliedert, sodass sie dessen Weisungsrecht unterstellt sind. Mithin besteht beim Abschluss eines Werkvertrags eine vertragliche Beziehung zwischen dem Auftrag- bzw. Werkvertraggeber und dem Auftrag- bzw. Werkvertragnehmer aber nicht mit dessen Personal. Das Weisungsrecht des Auftragnehmers gegenüber seinen Beschäftigten bleibt folglich bestehen.

Die Grenze zur Leiharbeit wird überschritten, sofern der Auftraggeber den Einsatz des Personals des Auftragnehmers wie den seiner eigenen Beschäftigten steuert und diesem Weisungen erteilt. Der Punkt der „Eingliederung“ muss also zwingend nach der jeweiligen anzuwendenden Vertragsart bei der vertraglichen Ausgestaltung bedacht werden. Aufgrund der weitreichenden Haftungsrisiken sollte keine Vermischung der Vertragsarten stattfinden. In der Praxis hingegen stellt eine solche Vermischung keine Seltenheit dar, sodass aus einem als Werkvertrag geplanten Unterfangen häufig eine verdeckte Leiharbeitentsteht, indem der Auftraggeber selbst entscheidet, wer wann was macht und die Beschäftigten des Werkvertragnehmers exakt nach Bedarf bestellt und auch eigenständig einsetzt.

Die Haftungsrisiken bei einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung bzw. verdeckten Leiharbeit sind weitreichend, sodass im Grundsätzlichen eine Ordnungswidrigkeit sowohl des Verleihers als auch des Entleihers gegeben ist. Zusätzlich kommt durch das vorsätzliche Vorenthalten von Vergütungen auch der Straftatbestand der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeträgen in Betracht. Irrelevant ist dabei, ob der Einsatz von Arbeitnehmern über einen Werkvertrag unter bewusster oder unbewusster Außerachtlassung des Arbeitsüberlassungsgesetzes (AÜG) erfolgt. Eine illegale Arbeitnehmerüberlassung liegt also auch dann vor, wenn das AÜG ohne Vorsatz unberücksichtigt blieb.

Zusätzlich führt die Verletzung der Offenlegungspflicht bei der Arbeitnehmerüberlassung gem. § 1 Abs. 1 S.5 u. 6 AÜG zu einer Ordnungswidrigkeit, sofern die Überlassung der Arbeiter im Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher nicht als solche deklariert ist. Der Leiharbeitsvertrag wäre folglich unwirksam. Konsequenz einer bestehenden Überlassungserlaubnis bei einem fehlgeschlagenen Werkvertrag ist das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Werkvertraggeber, sofern ersterer dem nicht widerspricht. Dem am rechtswidrigen Einsatz beteiligten Unternehmen drohen Bußgelder von bis zu 30.000 EUR. Sofern die Arbeitnehmerüberlassung auch dem Leiharbeitnehmer nicht gegenüber offengelegt wird, droht ein Bußgeld von bis zu 1.000 EUR. Schlussendlich kann die illegale Arbeitnehmerüberlassung bei wiederholten Verstößen gar zum Widerruf der Gewerbeerlaubnis führen.

Um den eben bezeichneten Haftungsrisiken entgegenzuwirken, sollten zwingend grundsätzliche Voraussetzungen beim Abschluss eines Werkvertrages eingehalten und erfüllt werden:

  • Überprüfung der Unternehmenseigenschaft des Auftragnehmers durch den Auftraggeber
  • Prüfung seitens des Auftraggebers, dass der Auftragnehmer den Arbeitseinsatz seiner Mitarbeiter führt und organisiert, in eindeutig abgegrenzten Arbeitsbereichen tätig ist und sein eigenes Material (Maschinen, Werkzeug etc.) zur Durchführung des Vertrages einsetzt
  • Tragen des Risikos durch den Auftragnehmer für den ihm anvertrauten Bereich (umfasst beispielsweise auch die Risiken, dass mit dem vereinbarten Entgelt nicht alle Kosten für das Material, Betriebsmittel oder Personalaufwände gedeckt werden können)

Das formale Deklarieren eines Werkvertrages bei gleichzeitigem Praktizieren einer Arbeitnehmerüberlassung führt zu einem sogenannten Scheinwerkvertrag. Die Folgen können schwerwiegend sein und zu einer Übernahme des „Fremdarbeiters“ in den eigenen Betrieb und zur Nachzahlung erheblicher Sozialversicherungsbeiträge führen.

Essenz

  • Kennzeichnung der Vertragsarten des Werkvertrages und der Arbeitnehmerüberlassung durch sog. „Fremdarbeit“
  • Wichtigste Merkmale eines Werkvertrages sind der gegenseitige Austausch von Leistungen, die Entgeltlichkeit und der geschuldete Erfolg
  • Bei Widerspruch zwischen Vertrag und tatsächlicher Umsetzung ist letztere maßgeblich
  • Weitreichende Haftungsrisiken und weitere Folgen bei unsachgemäßer Umsetzung der Verträge
  • Sicherheit durch Auditierung der Werkvertragsnehmer, der Arbeitsabläufe und Werkunterkünfte optimieren

Gehen Sie durch unsachgemäße Gestaltung und Umsetzung ihrer Werkverträge kein Risiko ein, denn nicht nur oben genannte Haftungsrisiken stehen Ihnen bevor, auch die Reputation Ihres Unternehmens kann schwere Schäden davontragen. Wir unterstützen Sie gern bei der Minimierung dieser Gefahren!