Bewerbungsverfahren in Zeiten der Digitalisierung

Bewerbungsverfahren in Zeiten der Digitalisierung

Neben Video- und Telefonkonferenzen haben auch Bewerbungsverfahren, die online durchgeführt werden, bei Unternehmen an Beliebtheit zugenommen. Grund hierfür war u.a. das in der Vergangenheit stark zugenommene Papieraufkommen und der damit verbundene Aufwand. Die Unternehmen haben in den Bewerbungsphasen meist eine hohe Zahl an Bewerbungen zu sichten, sodass hierfür viel Arbeitszeit und -kosten eingeplant werden müssen. Je nach Wohnort der Bewerber können zudem namhafte Anreisekosten hinzukommen.

Mit der Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung und des Bundesdatenschutzgesetzes gehen einige Veränderungen für das Bewerbungsverfahren und dessen Teilnehmer einher. Diese möchten wir Ihnen im Folgenden darstellen.

1. Sichtung der Bewerbungsunterlagen

In den Bewerbungsmappen und Lebensläufen, die bei Unternehmen eingereicht werden, finden sich umfangreiche Informationen zu den Bewerbern, die unter den Schutz der personenbezogenen Daten fallen. Die Weitergabe der Bewerbungen innerhalb eines Unternehmens muss somit streng begrenzt sein, sodass grundsätzlich nur die Personen Zugriff auf die Bewerbungsunterlagen erhalten, die am Bewerbungsverfahren beteiligt und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Auch wenn Unternehmen Bewerber zunächst für einen Job ablehnen, behalten sie gegebenenfalls Bewerbungsunterlagen von ausgewählten Kandidaten, die sie unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt bei sich im Unternehmen beschäftigen wollen. Hier stellt sich die Frage, inwiefern es sich bei der Aufbewahrung der Bewerbungsunterlagen im Hinblick auf den Datenschutz verhält.

Zwingend ist die Zweckbindung, als eines der wichtigsten Grundprinzipien im Datenschutz zu beachten. Diese beinhaltet, dass personenbezogene Daten nur erhoben, genutzt und verarbeitet werden dürfen, sofern dies einem vorab eindeutig festgeschriebenen Zweck dient. Wenn der Zweck entfällt, dürfen die Daten dem Unternehmen nicht mehr zugänglich sein, sodass es der Löschung der Bewerbungsunterlagen und den darauf beruhenden Notizen bedarf. Vorwiegend liegt der Zweck der Speicherung von Bewerberdaten in der Besetzung einer offenen Stelle im Unternehmen. Sofern eine Besetzung nicht mehr möglich ist, sind die Bewerberdaten für künftige Stellen im Unternehmen nicht aufzubewahren.

Möchte das Unternehmen trotz alledem, zum Zwecke einer zukünftigen Berücksichtigung bei weiteren Stellenangeboten die Bewerberdaten speichern, ist zwingend eine Einwilligung des Bewerbers einzuholen. Dem Bewerber steht es zu, diese Einwilligung jederzeit zu widerrufen.

Wenn eine ausgeschriebene Stelle hingegen noch nicht besetzt werden konnte, sind aufgrund der weiterhin bestehenden Zweckbindung die Bewerbungsunterlagen nicht zu löschen und können weiterhin vom Unternehmen aufbewahrt werden.

Erhält ein Unternehmen Bewerbungsunterlagen auf dem postalischen Weg, sind diese, sofern keine Zustimmung zur Vernichtung vorliegt, spätestens nach 2-6 Monaten an den Bewerber zurückzusenden.

Im Hinblick auf die Abwehr gegen potenzielle Diskriminierungsvorwürfe steht es dem Unternehmen zu, die Bewerbungsunterlagen und Dokumentation des Bewerbungsverfahrens auch nach Abschluss der Bewerbung aufzubewahren. Sofern sich ein Bewerber wegen einer Absage diskriminiert fühlen könnte, besteht die Möglichkeit gegen das Unternehmen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Für diesen Zeitraum ist es dem Unternehmen gestattet, die Bewerbungsunterlagen aufzubewahren, um anhand dessen bestehende Vorwürfe entkräften zu können. Anerkannt ist, dass die Bewerbungsunterlagen mithin 2 bis spätestens 6 Monate nach Zugang der Ablehnung, dem Bewerber zurückzugeben oder zu vernichten sind.

Bei Online-Bewerbungen sind explizit die Löschung der Daten im Hinblick auf die Einhaltung des Datenschutzes zu beachten. Oft werden Online-Bewerbungen ausgedruckt oder es werden Kopien hiervon angefertigt. All diese Unterlagen unterfallen auch der Löschung bzw. Vernichtung, sofern der Zweck erfüllt worden ist. Bewerbungsunterlagen sollte niemals einfach im Müll landen, denn so hätten Dritte unbefugten Zugriff auf diese Unterlagen. Falls sich Bewerbungsunterlagen auf Festplatten befinden, ist bei der Entsorgung darauf zu achten, dass die Daten hierauf nicht mehr rekonstruierbar sind.

Mit Bewerbungsunterlagen ist in Unternehmen, im Hinblick auf die Einhaltung des Datenschutzgesetzes, besonders sorgsam umzugehen und bei Bedarf ein Datenschutzbeauftragter hinzuzuziehen.

2. Videointerviews

Bewerber werden oftmals nicht mehr persönlich zu einem Gespräch ins Unternehmen eingeladen, sondern erhalten eine Einladung zu einem Videointerview, da dieses oftmals nur einer Vorauswahl von Bewerbern dienen soll. Mithin folgt das Videointerview einer positiven Sichtung der Bewerbungsunterlagen und ist folglich als weiterer Schritt der Bewerbungsphase anzusehen. Bei dem Videointerview handelt es sich um ein automatisiertes und zeitversetzt geführtes Interview, welches auf Videobasis inklusive Aufzeichnung von Bild und Ton erfolgt. Dem Bewerber werden die Fragen eingeblendet, welche er ohne Beteiligung anderer beantworten muss, wobei die Antworten aufgezeichnet werden. Eine Korrektur oder Wiederholungen von Fragen ist in der Regel nachträglich nicht mehr möglich.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist hierbei die Privatsphäre des Bewerbers zu beachten, in die nur so tief eingegriffen werden darf, wie es den Zweck der Bewerbung dient. Denn durch das Bewerbungsinterview in Form einer Videokonferenz werden aufgrund der damit einhergehenden Bild- und Tonaufnahmen auch personenbezogene Daten nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO verarbeitet. Für solche Verarbeitung muss zwingend eine Rechtsgrundlage gegeben sein, welche sich unteranderem aus § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG oder aus einer Einwilligung des Bewerbers nach § 26 Abs. 2 BDSG ergeben kann. Sofern die Teilnahme am Videointerview als Voraussetzung für den Zugang zum Bewerbungsverfahren zu erfüllen ist, kann nicht von einer Freiwilligkeit der Einwilligung des Bewerbers ausgegangen werden.

Der Bewerber ist auch über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Bewerbung zu informieren, denn das Unternehmen unterliegt der Informationspflicht nach Art. 13 und Art. 14 DS-GVO. So darf sich der Bewerber beim Unternehmen, bei welchem er sich beworben hat, beispielsweise informieren, an wen seine Daten weitergegeben oder wie lange sie gespeichert werden.

Je nach Ermessen des Unternehmens kann das Videointerview selbstverständlich auch live durchgeführt werden, sodass die Kommunikation zwischen dem Bewerber und Gesprächspartner direkt stattfindet und dementsprechend einem Gespräch vor Ort im Unternehmen ähnelt. Sofern hierfür eine Software zum Einsatz kommt, sind die Vorgaben der DS-GVO zu beachten und umzusetzen, sodass Unternehmen empfohlen wird sich vor Durchführung eines Bewerbungsinterviews mit einem Datenschutzbeauftragten in Verbindung zu setzen und seinen Rat einzuholen.

Eine Voraussetzung wäre zunächst, dass der Bewerber seine Einwilligung für das Videointerview freiwillig erteilt und dass dem Bewerber von vornherein eine Wahlmöglichkeit geboten wird, sodass er sich nicht zu der Durchführung eines Videointerviews verpflichtet fühlt. Unternehmen müssen ihren Bewerbern also die Möglichkeit bieten, zwischen einem persönlichen Gespräch, einem Telefonat und einem Videointerview entscheiden zu können. Konsequenz hieraus ist, dass, sofern ein Videointerview ein fester Bestandteil des Bewerbungsverfahrens ist, die Einwilligung des Bewerbers aufgrund der nicht gegebenen Auswahlmöglichkeit nicht wirksam greift.