Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetz, Episode 2

Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetz, Episode 2

Vor einer Woche haben wir den Blog-Zweiteiler „Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetz“ mit der ersten Episode und dem Themenschwerpunkt „Arbeitsschutz“ gestartet. Im Folgenden beschäftigen wir uns mit dem bundesdeutschen Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Dessen Geltungsumfang erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik und die deutsche Wirtschaftszone in der Nord- und Ostsee.

Nicht nur durch mangelnden Arbeitsschutz können für Unternehmen und Arbeitnehmern/innen Nachteile entstehen. Eine (zu) hohe zeitliche Beanspruchung durch Überstunden und Mehrarbeit kann zu erheblichen gesundheitlichen Problemen, wie beispielsweise dauerhaften psychischen Belastungen in Form von Burn-Out oder Depressionen führen. Das deutsche Arbeitszeitgesetz verfolgt grundsätzlich zwei primäre Ziele. Zum einen soll der Schutz der arbeitenden Menschen sichergestellt werden, zum anderen den Unternehmen die notwendige Flexibilität gewährleistet werden. Das Arbeitszeitgesetz setzt hier den einzuhaltenden Rahmen, schreibt aber nicht die konkrete Arbeitszeit eines einzelnen Beschäftigten vor.

Um den Schutz der Arbeitnehmer/innen zu gewährleisten, gibt das Gesetz zunächst eine höchstzulässige Arbeitszeit pro Tag vor. Zusätzlich setzt es Mindestruhepausen während der Arbeitszeit und Mindestruhezeiten zwischen Beendigung und Wiederaufnahme der Arbeit fest. Last not least regelt es auch die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen. Im Hinblick auf die Unternehmen schafft das Arbeitszeitgesetz einen Rahmen für intelligente und spezifische Arbeitszeitmodelle, welche insbesondere für den globalen Wettbewerb von Belang sind.

Das Gesetz definiert die Arbeitszeit, als die Zeit, die zwischen dem Beginn und dem Ende der Arbeit liegt – exklusive Ruhepausen. Eine Ausnahme besteht im Bergbau unter Tage, wo die Pausen zur Arbeitszeit zählen. Zu beachten ist, dass nicht nur die Vollarbeit als Arbeitszeit angesehen wird, sondern dass auch Zeiten mit geringer Inanspruchnahme am Arbeitsplatz, wie beispielsweise Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschaftsdienst, im vollen Umfang als Arbeitszeit anzusehen sind. Bei der Rufbereitschaft hingegen wird nur die Zeit, die der Arbeitnehmer/in tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird, als Arbeitszeit gewertet.

Das Arbeitszeitgesetz legt mithin die Grundnormen dafür fest, wann und wie lange Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höchstens arbeiten dürfen. Auf dieser Basis erfolgt die Festlegung spezifischer Arbeitszeiten durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträge. Grundsätzlich gilt an Werktagen (Mo – Sa) die Vorgabe eines Acht-Stunden-Tages. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit liegt folglich bei 48 Stunden. Um einen flexibleren und bedarfsgerechteren Einsatz zu ermöglichen, kann die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden und damit auch die Wochenarbeitszeit entsprechend erhöht werden. Wichtig in diesem Kontext ist, dass die Arbeitszeit über 6 Kalendermonate im Durchschnitt die 48 Stunden nicht übersteigt. Sofern mehrere Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt werden, erfolgt eine Addierung der Arbeitszeiten.

Die vorgeschriebenen Ruhepausen liegen in der Regel bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und bis zu neun Stunden bei 30 Minuten. Bei einer Arbeitszeit von über neun Stunden erhöht sich die Ruhephase auf 45 Minuten. Nach Beendigung der Arbeit besteht ein Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden bis zum nächsten Arbeitsbeginn. Wer eine kürzere Ruhephase hat, muss an einem anderen Tag mindestens zwölf Stunden Ruhezeit erhalten, und zwar innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen. Wie die Ruhezeit im Einzelnen aufzusplitten ist, entscheidet meist der Arbeitgeber im Voraus, wobei der Betriebs- oder Personalrat über die Regelungen mitbestimmen kann. Sonn- und Feiertage sind generell als Ruhephasen definiert. Dies ist in einigen Bereichen, wie beispielsweise in Krankenhäusern und der Gastronomie selbstverständlich realitätsfern, weshalb es in engen Grenzen Ausnahmen von dieser angeordneten Ruhepflicht gibt. Die Voraussetzung für jede Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist, dass die Arbeit nicht an Werktagen erledigt werden kann.

Einen besonderen Fall im ArbZG stellt die Nachtarbeit dar, da Nachtarbeiternehmer/innen einem besonderen gesundheitlichen Schutz unterliegen. Aufgrund der körperlichen Mehrbelastung sieht das Gesetz besondere Leistungen, wie beispielsweise Zuschläge, bezahlte arbeitsfreie Tage oder regelmäßige Untersuchungen auf Kosten des Arbeitgebers vor. Zur Nachtarbeit zählt hierbei jede Arbeit zwischen 23 und 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien zwischen 22 und 5 Uhr, die mehr als zwei Stunden dauert. Als Nachtarbeitnehmer/in im Sinne des ArbZG zählt jede Person, welche normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht oder an mindestens 48 Tagen in Kalenderjahr leistet.

Vom Schutz des Arbeitszeitgesetzes sind Arbeitnehmer/innen sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten erfasst. Besondere Regelungen gelten im Arbeitszeitgesetz für Kraftfahrer/innen. Zudem gibt es einige Beschäftigtengruppen, auf die das Gesetz gar nicht oder nur zum Teil anzuwenden ist. Bei leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärzten/innen und Leiter/innen in den öffentlichen Dienststellen ist das Arbeitszeitgesetz beispielsweise nicht anzuwenden. Für andere Gruppen hingegen, wie beispielsweise für Personen unter 18 Jahren oder Besatzungsmitglieder auf Kreuzfahrtschiffen, gibt es speziellere Regelungen, die besser auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind als die des Arbeitszeitgesetzes.

Unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers fällt auch die Pflicht, für die Einhaltung von Arbeits- und Ruhezeiten zu sorgen. Bis dato sind die Unternehmen aber nur dazu verpflichtet, die Arbeitszeit zu dokumentieren, welche über die werktägliche Arbeitszeit hinausgeht und/oder an Sonn- und Feiertagen stattfindet. Erfasst sind von der Dokumentationspflicht insbesondere Überstunden und Mehrarbeit. Im Mai 2019 wurde vom Europäischen Gerichtshof entschieden, dass Arbeitgeber zukünftig dazu verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, welches die Arbeitszeit der Beschäftigten erfasst. Insbesondere soll hierdurch sichergestellt werden, dass die vorgeschriebene Höchstarbeitszeit und Ruhepausen eingehalten werden und dass die Zahl der Überstunden sowie die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit ermittelbar ist. Letztlich soll dies den Arbeitnehmern auch ermöglichen, ihre Ansprüche im Zweifelsfall durchsetzen zu können.

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben wird in Deutschland von den Aufsichtsbehörden der Länder, in der Regel von den Gewerbeaufsichts- bzw. Arbeitsschutzämtern strikt kontrolliert. Bei Verstößen drohen Arbeitgebern neben Geldbußen von bis zu 15.000 EUR auch Freiheitsstrafen nach §§ 22, 23 ArbZG. Eine Geldbuße droht beispielsweise schon dann, sofern ein Arbeitgeber seine Beschäftigten über zehn Stunden beschäftigt oder ihm die Ruhepause nicht gewährt.

Essenz

  • Ziel des ArbZG ist, den Schutz der arbeitenden Menschen und einen flexiblen, bedarfsgerechten Personaleinsatz zu gewährleisten
  • ArbZG setzt Grenzen für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Tag und Woche, für Mindestruhepausen während der Arbeitszeit und Mindestruhezeiten zwischen Beendigung und Wiederaufnahme der Arbeit
  • Schutzumfang des ArbZG erstreckt sich auf Arbeitnehmer/innen sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; bei bestimmten Berufsgruppen beinhaltet es aber auch Ausnahmen oder findet keine Anwendung
  • Pflicht zur Dokumentation für Arbeitgeber
  • Kontrolle der Einhaltung des ArbZG durch Aufsichtsbehörden und namhafte Geldbußen oder Freiheitsstrafen bei Verstößen